Kartellklage gegen Google: In der Sache richtig, doch am Thema vorbei?
Die amerikanische Anwaltskanzlei „Hagens Berman“ hat Anfang des Monats eine Sammelklage gegen Google eingereicht. In der Anklageschrift wird der Konzern beschuldigt das Kartellrecht zu verletzen, indem er Smartphone-Hersteller zur Vorinstallation seines Softwarepaketes zwingt. Gemeint sind hierbei primär die Google-Suche, der Play-Store und die Youtube-App. Dadurch, dass die Google-Produkte auf allen Smartphones vorinstalliert sind werde den Kunden gar nicht erst bewusst, dass es auch Konkurrenzprodukte gäbe, so die Anwälte.
Der Zwang, von dem hier die Rede ist, bezieht sich auf einen Artikel des Wall Street Journals, der im Februar diesen Jahres veröffentlicht wurde. In diesem wurden zwei nicht für die Öffentlichkeit bestimmte „Mobile Application Distribution Agreements“ (MADA) publik gemacht, die Google mit Samsung sowie HTC abgeschlossen hatte. Beide Verträge sehen eine Verpflichtung zur Vorinstallation der genannten Apps von Google vor. Es ist anzunehmen, dass auch mit anderen Smartphone-Herstellern ähnliche Verträge geschlossen wurden.
Übt Google einen Zwang zur Vorinstalation seiner Apps auf Android aus?
Wenn nun aber im Übereinkommen Verträge geschlossen wurden, warum ist von „Zwang“ die Rede? Android ist doch schließlich, wenn auch von Google entwickelt, ein offenes Betriebssystem… oder? Die Antwort ist wie so oft ein klares „Jain“. Denn offen ist lediglich das Betriebssystem an sich, nicht die Marke Android. Es darf also jeder das Betriebssystem nutzen, doch es darf nur derjenige sein Smartphone mit dem knuffigen kleinen Roboter schmücken und bewerben, der von Google die entsprechende Erlaubnis bekommen hat. Dass es nicht gut für die Verkäufe eines Android-Gerätes ist, wenn im Marketing nicht darauf hingewiesen werden darf, dass es ein Android-Gerät ist, sollte sich von selbst verstehen.
Die Marke Android
Möglich geworden ist diese abstruse Situation dadurch, dass Open-Source Lizenzen wie GPL oder ASL keine Aussagen zu Markenrechten treffen. Auf der anderen Seite ist es aber für die Hersteller auch ohne dieses Druckmittel reizvoll, Apps wie den Play-Store standardmäßig beizufügen. Denn ein Großteil der Nutzer möchte ein Gerät, das direkt einsatzbereit ist. Sie wollen nicht erst manuell einen App-Store installieren müssen, sie wollen nicht erst bewusst eine Suchmaschine wählen. Sie wollen das Handy auspacken und loslegen.
Welche Apps möchte der Benutzer vorinstalliert vorfonden?
Und selbst wenn man unterstellen würde, dass die Nutzer aktiv wählen wollen welche Apps sie nutzen: Welche wären das? Sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit dieselbe Suchmaschine benutzen wollen, die sie bereits vom PC her kennen. In den meisten Fällen wird das eine Suchmaschine mit zwei „o“ in der Mitte und einem globalen Marktanteil von über 90% sein.
Sie werden bei der Wahl des App-Stores vermutlich denjenigen wählen, der die größte Auswahl an Software mitbringt. Also den Play-Store. Das Monopol von Google ist doppelt zementiert. Zum einen durch Einflussnahme auf die Hersteller, zum anderen durch die Nachfrage der Nutzer.
Was wird diese Klage also ändern können?
So berechtigt die Vorwürfe auch sein mögen: Besteht die Chance, dass sich durch diesen Prozess etwas ändert? Wenn Android-Smartphones zukünftig ohne eine vorinstallierte Google-Suche ausgeliefert werden sollten, wird das die Verbreitung anderer Suchmaschinen merklich steigern?
Die meisten Nutzer werden wohl auch in diesem Szenario weiterhin Google nutzen, schlicht weil die Konkurrenz nicht derart in den Köpfen verankert ist.
Und vielleicht liegt hier der eigentliche Wert dieser Anklage versteckt: Sie macht auf das Thema aufmerksam und regt dazu an, über Alternativen zu Google-Produkten nachzudenken. Das ist wesentlich wertvoller als jeglicher Gerichtsbeschluss es jemals sein könnte. Man könnte sagen:
Sie haben schon gewonnen, noch bevor der Prozess überhaupt begonnen hat.
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